Aktuelle Entscheidungen zum Reiserecht

Nachfolgend informieren wir Sie über aktuelle Entscheidungen der reiserechtlichen Rechtsprechung. Verschaffen Sie sich daher einen Überblick über die neuesten und wichtigsten Urteile rund um das Thema Reiserecht.

  19.04.2024 - Airline muss rechtzeitige Unterrichtung des Fluggastes über die Flugannullierung beweisen

Wird ein Flug durch das Luftfahrtunternehmen annulliert und der Fluggast rechtzeitig, mithin mindestens zwei Wochen vor der geplanten Reise, über die Flugplanänderung informiert, besteht kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Erfolgt diese Information jedoch gar nicht oder nicht rechtzeitig, stehen den Passagieren Ansprüche auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung zu.

Ist der Zugang dieser Information streitig, muss das Luftfahrtunternehmen darlegen und beweisen, dass die Mitteilung so in den Empfangsbereich des Fluggastes gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Die bloße Behauptung des Luftfahrtunternehmens, man habe die Fluggäste über die Flugannullierung informiert, ist grundsätzlich nicht ausreichend.

Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf in einem aktuellen Urteil vom 28.02.2024 (Az.: 55 C 17/23) bestätigt und den Klägern eine Ausgleichszahlung wegen Annullierung des gebuchten Fluges zugesprochen.

Die Kläger waren auf einem von der Beklagten durchgeführten Flug in die Türkei gebucht. Der Flug wurde jedoch durch die Airline annulliert. Über den Flugausfall erlangten die Kläger erst einen Tag vor dem geplanten Abflug Kenntnis. Die Airline behauptete, die Fluggäste rechtzeitig per SMS und eMail informiert zu haben.

Das Amtsgericht hat den geltend gemachten Anspruch auf Ausgleichszahlung bejaht und die Fluggesellschaft vollumfänglich zur Zahlung verurteilt.

Nach Ansicht des Amtsgerichts sagt allein der Umstand, dass ein Mitarbeiter (vermeintlich) eine SMS bzw. eMail an die angegebene Mobilfunknummer bzw. eMail-Adresse versandt habe, nichts darüber aus, ob diese SMS bzw. eMail auch tatsächlich zugegangen ist. Etwaige Fehler auf dem Übermittlungsweg gehen jedoch zu Lasten des Luftfahrtunternehmens, zumal ihr etwa durch einen persönlichen Anruf eine verlässlichere Informationsalternative offen gestanden hätte. Überdies hätte das Luftfahrtunternehmen darlegen und beweisen müssen, dass die Information den Fluggästen auch tatsächlich zugegangen sei. Dies ist jedoch nicht erfolgt.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.02.2024 - Az.: 55 C 17/23

  10.01.2024 - Schadensersatz bei Kündigung der Reise durch Reiseveranstalter wegen ersatzloser Streichung des Hinfluges

Die ersatzlose Streichung des Hinfluges und die hierauf erklärte Kündigung des Reisevertrages durch den Reiseveranstalter stellt eine Vereitelung der Reise i. S. d. § 651n Abs. 2 BGB dar und rechtfertigt einen Anspruch des Reisenden auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Die ersatzlose Annullierung des Hinfluges muss sich der Reiseveranstalter grundsätzlich zurechnen lassen; eine Entlastung kommt insoweit nicht in Betracht. So hat das Landgericht Hannover in seinem Urteil vom 03.11.2023 (Az.: 1 S 29/23) entschieden und den Reisenden einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des hälftigen Reisepreises zugesprochen.

Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Fuerteventura. Der Reisevertrag beinhaltete unter anderen einen Hinflug von Saarbrücken nach Fuerteventura. Nachdem sich die Kläger am Flughafen eingefunden hatten, stellten sie fest, dass der Hinflug annulliert worden war. Eine Ersatzbeförderung wurde durch den Reiseveranstalter nicht angeboten. Vielmehr hat dieser den Reisevertrag gekündigt, sodass die Kläger die Reise nicht antreten konnten. In der Folge erstattete der Veranstalter zwar den Reisepreis, bot nach Aufforderung der Kläger jedoch lediglich einen Reisegutschein als Entschädigung an und verwies im Übrigen auf Ansprüche gegen die Fluggesellschaft.

Das Landgericht Hannover bestätigte den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 50 % des Reisepreises, da die Pauschalreise durch die ersatzlose Streichung des Hinfluges durch die Airline – die sich der Veranstalter zurechnen lassen muss – und anschließende Kündigung der Pauschalreise vereitelt wurde.

Auch den Verweis der Beklagten auf einen etwaigen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung gegen die Fluggesellschaft führte nach Ansicht der Kammer des Landgerichts Hannover zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 651p Abs. 3 Nr. 1 BGB kann sich der Veranstalter zwar von seiner Zahlungspflicht befreien. Die Norm stellt jedoch ausdrücklich darauf ab, dass der Reisende die Zahlungen auch tatsächlich erhalten hat, wofür der Reiseveranstalter die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Eine präventive Zahlungsverweigerung des Reiseveranstalters besteht hingegen nicht. Auch der weitere Einwand des Veranstalters, wonach der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung sicher sei, hielt das Landgericht Hannover für nicht durchgreifend, zumal der Veranstalter weder zur wirtschaftlichen Lage der Fluggesellschaft noch zu dem Grund der Annullierung des Fluges vorgetragen hat.

Landgericht Hannover, Urteil vom 04.12.2023 – Az.: 1 S 29/23

  26.06.2023 - Ausgleichszahlung auch bei Annullierung wegen vermeintlichen Fluglotsenstreiks

Auch bei Annullierung des Fluges wegen eines Fluglotsenstreiks kann das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichtet sein, den Fluggästen eine Ausgleichszahlung zu zahlen. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf in einem aktuellen Urteil entschieden und die Airline antragsgemäß verurteilt.

Der Flug des Klägers und seiner Ehefrau von Düsseldorf nach Malaga wurde durch die Airline kurzfristig annulliert. Die Ersatzbeförderung fand erst am kommenden Tag statt. Die Fluggesellschaft berief sich im Klageverfahren auf einen Fluglotsenstreik in Frankreich und lehnte eine Ausgleichzahlung ab. Das Amtsgericht Düsseldorf hat das Luftfahrtunternehmen auf die erhobene Klage hin zur Zahlung des Ausgleichsbetrages sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren verurteilt (AG Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2023, Az.: 233 C 439/22).

Hierbei verwies das Amtsgericht im Urteil darauf, dass die vom Luftfahrtunternehmen verlangte Sorgfalt zur Befreiung von Ausgleichszahlungen voraussetzt, dass die Airline substantiiert darlegt, welche anderweitigen Verbindungen es neben dem annullierten Flug gegeben hätte und weshalb eine Umbuchung jeweils nicht möglich gewesen sein soll. Auch zähle hierzu – so das Amtsgericht – substantiierter Vortrag dahingehend, ob es nicht am Folgetag eine frühere Verbindung gegeben hätte. Es käme daher im vorliegenden Fall letztlich nicht darauf an, ob der Flug tatsächlich von dem behaupteten Fluglotsenstreik betroffen gewesen sei.

Die Airline musste dem Kläger auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren erstatten, da es seiner Informationspflicht nach Art. 14 Abs. 2 Verordnung (EG) 261/2004 nicht nachgekommen sei. Insbesondere ist darüber zu belehren, unter welchen Voraussetzungen, in welcher Höhe und gegen welches Unternehmen der Fluggast einen Anspruch aus der Fluggastrechteverordnung hat. Die Information des Fluggastes muss diesen in die Lage versetzen, seine Rechte effektiv und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. Jeder betroffene Fluggast soll danach einen schriftlichen Hinweis erhalten; davon, dass nur dem danach nachfragenden betroffenen Fluggast der schriftliche Hinweis zur Verfügung zu stellen sei, ist in der Bestimmung keine Rede. Zudem müsse sich der Fluggast sich bei Verletzung der Informationspflichten nicht auf eine Beratung durch einen Rechtsanwalt beschränken, sondern dürfe diesen unmittelbar mit der außergerichtlichen Durchsetzung seiner Forderung beauftragen.

Neben der Ausgleichszahlung wurde die Airline daher auch verpflichtet, dem Kläger die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.05.2023 - Az.: 233 C 439/22 (RRa 2023, 228)

  26.06.2023 - Alter und Vorerkrankungen können kostenfreien Rücktritt rechtfertigen

Gehört der Reisende aufgrund seines Alters und gewisser Vorerkrankungen zur Covid-Risikogruppe, kann dies einen kostenlosen Rücktritt vom Reisevertrag während der Corona-Pandemie rechtfertigen. Dies hat das Amtsgericht München in seiner Entscheidung vom 09.03.2023 (Az.: 161 C 13857/22) bestätigt und den Reiseveranstalter zur Rückzahlung der erhobenen Stornokosten verurteilt.

Der Kläger buchte im Januar 2020 bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Ägypten für den Reisezeitraum vom 20.09. bis 04.10.2020. Aufgrund der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die flächendeckende Ausbreitung des Corona-Virus sowie der Quarantänemaßnahmen und Einreisebeschränkungen in Ägypten trat der Kläger zwei Monate vor Reiseantritt vom Reisevertrag zurück. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand sowohl zum Zeitpunkt des Rücktritts als auch über den gesamten Reisezeitraum der geplanten Reise hinweg. Ägypten war vom RKI als Risikogebiet eingestuft. Der Kläger gehört zum Kreis der Risikopersonen mit einem höheren Lebensalter sowie Vorerkrankungen. Die Reise wurde im September 2020 auch tatsächlich nicht durchgeführt. Das Amtsgericht wies in seinem Urteil darauf hin, dass auch die besondere Situation des Reisenden, insbesondere sein Alter und die daraus resultierende Zugehörigkeit zur Risikogruppe, zu berücksichtigen sei, da diese individuellen Verhältnisse des Reisenden für die Durchführbarkeit der Reise erst aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB Bedeutung gewinnen und die daraus resultierenden Gefahren für den Reisenden dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innegewohnt haben.

Angesichts der Umstände des Einzelfalls sei die Prognose des Klägers bereits zwei Monate vor Reiseantritt zulässig und zutreffend gewesen, wonach die geplante Reise erheblich beeinträchtigt sein würde. Ausweislich der Reisewarnung für Ägypten und der Einordnung Ägyptens als Risikogebiet war klar, dass Ägypten von der Pandemie ebenfalls schwer betroffen war. Das lege weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie am Zielort nahe (Einreisebeschränkungen, Quarantänepflicht etc), die die geplante Durchführung eines Erholungsurlaubs erheblich beeinträchtige, so das Amtsgericht in seinen Entscheidungsgründen. Insbesondere für Personen, für die die zu diesem Zeitpunkt noch nicht therapierbare Erkrankung an Covid eine besondere Gefahr darstelle, wiege auch die zu befürchtende erhebliche Gefahr der Ansteckung schwerer. Daher war nach Ansicht des Amtsgerichts bereits zwei Monate vor Reiseantritt nicht davon auszugehen, dass sich die Situation zum Reisezeitpunkt deutlich besser darstellen würde.

Ein Rücktritt zwei Monate vor Reisebeginn sei nach Auffassung des Amtsgerichts auch nicht als übereilt zu bewerten, da der teils diskutierte Vorlauf von vier Wochen, binnen derer ein Rücktritt empfohlen werde, lediglich als Faustregel zu sehen sei.

Amtsgericht München, Urteil vom 09.03.2023 - Az.: 161 C 13857/22

  17.04.2023 - Schadensersatz bei fehlender Reservierung des Hotels durch Reiseveranstalter

Erfolgt durch den Reiseveranstalter keine Reservierung des Hotels und kommt es zu Buchungsschwierigkeiten hinsichtlich der Flüge, kann der Reisende Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen, wenn die Reise schließlich nicht angetreten werden kann. Dies gilt auch bei einer kurzfristig gebuchten Reise während der Corona-Pandemie.

Dies hat das Amtsgericht Gelsenkirchen mit Versäumnisurteil vom 02.02.2023 (Az.: 201 C 303/22) entschieden und der Klägerin einen Schadensersatz in Höhe des hälftigen Reisepreises zugesprochen.

Nachdem die Klägerin kurzfristig eine Reise nach Griechenland gebucht hat, zog der Veranstalter den Reisepreis über die Kreditkarte der Klägerin ein und übersandte auch umgehend die Reiseunterlagen. Jedoch erfolgte durch den Veranstalter keine Buchung im Hotel; nach dem vorgesehenen Reiseantritt wurde die Klägerin darüber hinaus unterrichtet, dass der Veranstalter dabei sei, die Flüge zu buchen.

Aufgrund der ausgefallenen Reise verlangte die Klägerin mit unserer Hilfe eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Das Amtsgericht Gelsenkirchen bestätigte den Anspruch vollumfänglich. In seiner Begründung wies das Amtsgericht darauf hin, dass nicht die außergewöhnliche Pandemiesitutation für den Ausfall der Reise ursächlich gewesen sei, sondern vielmehr auch der Umstand, dass die Beklagte das von der Klägerin gebuchte Hotel nicht reserviert habe. Darüber seien auch die Flüge bereits bei Buchung bestätigt worden.

Damit bestehe ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651n Abs. 2 BGB, der nach der Rechtsprechung regelmäßig mit 50 % des Reisepreises zu bemessen sei.

Amtsgericht Gelsenkirchen, Versäumnisurteil vom 02.02.2023 - Az.: 201 C 303/22

  06.05.2022 - Kostenfreier Rücktritt vom Reisevertrag wegen weltweiter Gefahrenlage aufgrund SARS-Cov-2

Die weltweite Gefahrenlage in Bezug auf ein noch unbekanntes Virus, welches die Atemwege befällt sowie potenziell Langzeitschäden verursacht (SARS-CoV-2) und gegen das es zum Rücktrittszeitpunkt weder eine Therapie oder eine Impfung gibt, rechtfertigt den kostenfreien Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag.

Mit aktuellem Urteil vom 04.04.2022 hat das Amtsgericht Köln (Az.: 133 C 268/21) unserem Mandanten die vom Reiseveranstalter erhobenen Stornogebühren zugesprochen und den Veranstalter zur Rückzahlung verurteilt.

Der Kläger hat eine ab dem 02.06.2020 gebuchte Reise nach Ausbruch der weltweiten Corona-Pandemie am 07.04.2020 storniert und den Reiseveranstalter vergeblich um Rückzahlung der gezahlten Anzahlung aufgefordert. Der Veranstalter hatte seinerseits eine Stornoentschädigung geltend gemacht.

Das Amtsgericht folgte unserer Rechtsauffassung und verurteilte den Reiseveranstalter zur Rückzahlung des Reisepreises. Es wies insbesondere darauf hin, dass die WHO bereits am 11.03.2020 die Verbreitung des Coronavirus als weltweite Pandemie einstufte und die Bundeskanzlerin am 12.03.2020 dazu aufrief, auf Sozialkontakte soweit wie möglich zu verzichten. Am 17.03.2020 sei durch das Auswärtige Amt eine allgemeine Reisewarnung ausgesprochen worden.

Für den Kläger war auf Grundlage dieser Informationen bereits fest umrissen, dass die Wahrscheinlichkeit, sich während seiner Urlaubsreise anzustecken, deutlich höher war, als wenn er zu Hause bliebe, zumal er nicht ausschließen könne, während der Reise größeren Menschenansammlungen in seinem unmittelbaren Nahbereich ausgesetzt zu werden. Zum Rücktrittszeitpunkt sei jedenfalls bekannt gewesen, dass das Infektionsrisiko steige, je länger und je unmittelbarer ein Kontakt zu einer infizierten Person bestehe. Hinsichtlich der konkreten Beförderung und Reise sei nicht ersichtlich, dass entsprechende Kontakte zu vermeiden wären. Auf einer Reise und im Hotel seien Reisende regelmäßig mehreren und zudem wechselnden Kontakten ausgesetzt. Gleichzeitig seien die Rückzugsmöglichkeiten beschränkt und das Tragen von sogenannten Mund-Nasen-Bedeckungen böten — insbesondere in engen, geschlossenen Räumen, wie einem Flugzeug — keinen absoluten Schutz vor Infektionen.

Unerheblich sei nach Ansicht des Amtsgerichts zudem, dass der Kläger den Rücktritt bereits etwa acht Wochen vor dem geplanten Reisezeitraum erklärte. Eine etwaige Verpflichtung des Reisenden, den Rücktritt möglichst zeitnah vor Reiseantritt zu erklären, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Allein maßgeblich sei, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Rücktritts am 07.04.2020 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit prognostizieren konnte, dass die seiner Prognose zugrunde liegenden Umstände noch zum Zeitpunkt der geplanten Reise vorliegen würden. Hierbei sei – so das Amtsgericht – weder ersichtlich gewesen, dass die Pandemie bis zum Reisezeitpunkt beendet sein, noch dass bis dahin hinreichende Schutz- oder Therapiemöglichkeiten bestehen würden.

Amtsgericht Köln, Urteil vom 04.04.2022 – Az.: 133 C 268/21

  03.01.2022 - Ausgleichszahlung bei nicht rechtzeitiger Unterrichtung über die Annullierung während der Corona-Pandemie

Unterrichtet das Luftfahrtunternehmen lediglich den Reisevermittler – rechtzeitig mindestens zwei Wochen vor der geplanten Abflugzeit – über die Annullierung, muss die Airline eine Ausgleichszahlung leisten, wenn der Fluggast vom Reisevermittler nicht innerhalb dieser Frist informiert wird.

Dies hat das Amtsgericht Erding in einem aktuellen Urteil vom 29.12.2021 (Az.: 119 C 1903/21) entschieden und der Klägerin eine Ausgleichszahlung für die Streichung des Fluges von München nach Split zugesprochen.

Der Flug war von der Airline im Frühsommer 2020 annulliert worden, wobei eine Information an die Klägerin nicht erfolgte; diese erlangte kurz vor dem geplanten Abflug nur zufällig Kenntnis von der Streichung der Flüge. Die Fluggesellschaft behauptete sodann, das Reisebüro 13 Tage vor Abflug über die Streichung unterrichtet zu haben. Dies ließ das Amtsgericht jedoch nicht ausreichen.

Zwar dürfe sich die Airline nach Ansicht des Amtsgerichts zur Information des Fluggastes über die Annullierung eines Dritten bedienen. Das Informationsrisiko liege jedoch nach der Konzeption der Verordnung grundsätzlich beim Luftfahrtunternehmen. Es falle daher in den Risikobereich der Fluggesellschaft, so das Amtsgericht, wenn durch diesen Dritten – hier das Reisebüro – keine ordnungsgemäße Übermittlung der Nachricht erfolge. Vorliegend wurde nach eigenem Vortrag der Airline die Information an das Reisebüro jedoch nicht einmal innerhalb der erforderlichen Zweiwochenfrist übermittelt, was für sich genommen schon nicht rechtzeitig war.

Auch das pauschale Berufen der Fluggesellschaft, die Annullierung des Fluges sei auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, stelle nach zutreffender Ansicht des Amtsgerichts keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Das Berufen der Airline auf die weltweite Reisewarnung sei auch nicht zu berücksichtigen, da die maßgebliche Reisewarnung mit Wirkung zum 15.06.2020 aufgeho­ben wurde. Die Entscheidung der Bundesregierung für die Aufhebung der weltweiten Reisewarnung für die EU-Staaten wurde bereits am 03.06.2020 getroffen und ab dem 05.06.2020 durch das Auswärtige Amt veröffentlicht. Damit hätte der Flug grundsätzlich am 23.06.2020 stattfinden können, was für die Beklagte im Zeitpunkt der Annullierung bereits absehbar war.

Daher hat das Amtsgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Airline zur Ausgleichszahlung verurteilt. Die Entscheidung zeigt deutlich auf, dass die Unterrichtung des Reisevermittlers über eine Annullierung grundsätzlich nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der Fluggast die Mitteilung über die Streichung des Fluges auch tatsächlich weitergeleitet erhalten. Auch ein pauschales Berufen auf die Corona-Pandemie entlastet das Luftfahrtunternehmen nicht per se von einer Ausgleichszahlung.

Amtsgericht Erding, Urteil vom 29.12.2021 – Az.: 119 C 1903/21 (RRa 2022, 91)

  30.11.2021 - Corona: Kostenfreier Rücktritt vom Reisevertrag auch ohne Reisewarnung

Die Gefährdung durch eine Infektionslage durch das Corona-Virus stellt unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände nach § 651h BGB dar, die den Reisenden zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag berechtigen können. Das alleinige Abstellen auf das Vorliegen einer Reisewarnung ist dabei nicht möglich, vielmehr handelt es sich lediglich um ein starkes Indiz, jedoch gerade nicht um eine Notwendigkeit.

Das Amtsgericht Bochum ist in seiner Entscheidung vom 01.07.2021 (Az.: 55 C 13/21) unserer Argumentation vollumfänglich gefolgt und hat den Reiseveranstalter zur Rückzahlung des Reisepreises (Anzahlung) verurteilt. Gebucht hatte der Reisende im Jahr 2019 eine Reise nach Mallorca, die Mitte September 2020 erfolgen sollte. Rund einen Monat vor Reisebeginn stornierte der Reisende die Reise aufgrund der vorherrschenden Corona-Pandemie. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes lag zum Zeitpunkt des Rücktritts nicht vor.

Das Amtsgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Beachtung von Hygienemaßnahmen und das Tragen einer Maske die grundsätzliche Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus durch den Reisenden zwar verringern, jedoch auch unter Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermeiden könne.

Das grundsätzliche Infektionsgeschehen im Zielgebiet und die damit einhergehenden Beschränkungen sprechen für eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass auch zum Zeitpunkt der Reise erhebliche Beeinträchtigungen in Form einer Gesundheitsgefahr für den Reisenden durch das anhaltende Pandemiegeschehen bestehen werden. Hierbei seien nach Ansicht des Amtsgerichts auch die individuellen Umstände des Reisenden zu berücksichtigen. Hierzu gehöre, dass die mitreisende Ehefrau des Klägers aufgrund ihrer Lungenfunktionsstörung zu einer Gruppe gehöre, für die ein erhöhtes Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs einer Infektion bestehe.

Daher konnte der Reisende kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten, so dass der Veranstalter den für die Reise gezahlten Anzahlungsbetrag an den Reisenden zu erstatten hatte.

Amtsgericht Bochum, Urteil vom 01.07.2021 – Az.: 55 C 13/21

  08.09.2021 - Rücktritt vom Reisevertrag bei ungewissen Folgen für den Aufenthalt oder die Beförderung mittels Flugzeug

Eine ausreichende Ungewissheit der Lage vor Ort zum Aufenthaltszeitraum mit ungewissen Folgen für den Aufenthalt oder die Beförderungsleistungen kann einen Reisenden zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag berechtigen.

Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf im Rahmen zweier aktueller Verfahren entschieden und den Reisenden jeweils die Rückzahlung des gesamten Reisepreises zugesprochen (Urteil vom 30.03.2021, Az.: 56 C 574/20 und Urteil vom 27.04.2021, Az.: 56 C 573/20).

Die Reisenden buchten im Dezember 2019 je eine achttägige Pauschalreise in die Türkei im Reisezeitraum Mitte Oktober 2020. Rund einen Monat vor Reisebeginn erklärten die Reisenden unter Berufung auf die Corona-Pandemie den Rücktritt vom Reisevertrag und forderten den Veranstalter vergeblich zur Rückzahlung des Reisepreises auf.

Das Bestehen einer Unsicherheit, dass während eines achttägigen Aufenthaltes in einem ernstzunehmender Weise nur mittels Flugzeugs zu verlassenden Landes eine Situation entstehen könnte, die den Aufenthalt und das Verlassen des Landes erheblich erschweren könnte, berechtigt nach Ansicht des Amtsgerichts den Reisenden zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag.

Dabei sei nach Auffassung des Amtsgerichts allgemein bekannt, dass seit Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 die Lage europaweit und darüber hinaus von einer großen Unsicherheit geprägt war und ist. Daher sei bereits zum Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden absehbar gewesen, dass diese Unwägbarkeiten nicht bis zum Zeitpunkt des gebuchten Reiseaufenthaltes in den Griff zu bekommen sein würden.

Zu diesem Zeitpunkt habe die Allgemeinheit schon entsprechend ausreichende Erfahrungen damit gemacht, dass sich aufgrund der Veränderung der Infektionszahlen Ein- und Rückreisebestimmungen sowie auch Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit plötzlich, sogar von einem Tag auf den anderen, ändern konnten. Die Reisenden hätten daher zu Recht davon ausgehen können, dass sich – selbst bei einer möglichen Anreise – aufgrund aktueller Veränderungen vor Ort die Aufenthaltsmöglichkeiten bis hin zu einer etwaigen Quarantänepflicht hätten verändern können. Eine Quarantäne lasse sich aber in der eigenen Wohnung im Heimatland verträglicher ertragen, als in einem Hotelzimmer im Urlaubsland. Bei einem für die Pandemie-Lage nicht unerheblichen Reisezeitraum von acht Tagen sei zudem zu bedenken, dass aufgrund des dynamischen Geschehens in der Zwischenzeit ein Rückflug möglicherweise nicht mehr möglich gewesen wäre, wie dies im Frühjahr 2020 beim Auftreten der sog. ersten Welle der Fall gewesen sei.

Dies rechtfertigte nach Auffassung des Amtsgerichts einen kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag mit der Verpflichtung des Veranstalters zur vollständigen Rückzahlung des Reisepreises.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.03.2021 - Az.: 56 C 574/20 (RRa 2021, 225)
Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2021 - Az.: 56 C 573/20

  28.06.2021 - Kostenfreie Stornierung der Reise bei erhöhter Vulnerabilität gegenüber dem Sars-CoV-2-Virus

Sind die Reisenden in einem Alter, welches zu einer erhöhten Vulnerabilität gegenüber dem Sars-CoV-2-Virus führt und ist der Urlaubsort vernünftigerweise nur mit einem Flugzeug zu erreichen, kann dies eine kostenfreie Stornierung des Reisevertrages rechtfertigen. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn die Reisenden nicht per se einer Risikogruppe als zugehörig betrachtet werden können und am Urlaubsort keine Reisewarnung mehr vorliegt.

Dies hat das Amtsgericht Bochum in seinem Urteil vom 30.04.2021 (Az.: 70 C 12/21) entschieden und der Klägerin die Rückzahlung der getätigten Anzahlung für die gebuchte und in der Folge stornierte Urlaubsreise zugesprochen.

Dem Rechtsstreit lag eine Pauschalreise nach Mallorca zugrunde, von der die Klägerin Mitte Juli 2020 und damit rund fünf Wochen vor Reiseantritt, wegen der Corona-Pandemie zurückgetreten ist. Die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes war zu diesem Zeitpunkt aufgehoben. Der Reiseveranstalter machte daraufhin Stornokosten geltend und verweigerte die Rückzahlung des gezahlten Anzahlungsbetrages.

Das Amtsgericht gab der erhobenen Klage vollumfänglich statt. Nach Auffassung des Amtsgerichts ist eine Reisewarnung keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstandes i. S. d. § 651h BGB. Auch ein Rücktritt fünf Wochen vor Reiseantritt sei nicht als übereilt anzusehen. In der Gesamtschau hat das Amtsgericht zudem das Alter der Reisenden sowie die Tatsache berücksichtigt, dass der Urlaubsort nur mit einem Flugzeug zu erreichen war.

Das Amtsgericht wies in seinem Urteil dabei darauf hin, dass die Klägerin bei Antritt der Reise Gefahr gelaufen wäre, sich am Urlaubsort mit dem Sars-CoV-2-Virus zu infizieren und in diesem Fall nur unter erschwerten Bedingungen und immensen Zusatzkosten zurück nach Deutschland hätte gelangen können. Auch hätte der Anfall von Behandlungskosten in Spanien gedroht, deren Erstattungsfähigkeit durch eine deutsche Krankenkasse fraglich gewesen wäre. Letztlich wäre auch eine Quarantäne am Urlaubsort nicht auszuschließen gewesen. Hierbei hat das Amtsgericht auch berücksichtigt, dass das bis heute sich stetig wandelnde und schwer vorhersehbare Infektionsgeschehen weltweit nicht nur in Deutschland binnen kurzer Zeit zu drastischen Maßnahmen führen könne.

Schließlich sah das Amtsgericht auch die Stornokostenpauschale des Reiseveranstalters, welche eine Eingangsstufe von 30 % des Reisepreises bis 30 Tage vor Reiseantritt vorsieht, als unangemessen hoch und damit unwirksam an.

Der Reiseveranstalter wurde daher durch das Amtsgericht zur Rückzahlung des Reisepreises in Form der getätigten Anzahlung verurteilt.

Amtsgericht Bochum, Urteil vom 30.04.2021 – Az.: 70 C 12/21

  26.05.2021 - Kostenfreie Stornierung des Reisevertrages bei Einstufung des Reiselandes als Risikogebiet und steigenden Infektionszahlen

Die Einstufung eines Reiselandes durch das RKI als Risikogebiet verbunden mit einer erheblichen Zunahme der Infektionszahlen berechtigt den Reisenden zu einem kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag. Der Reiseveranstalter kann in diesem Fall keine Stornokosten verlangen. Dies hat das Amtsgericht München mit seinem Urteil vom 29.04.2021 (Az.: 243 C 601/21) entschieden und den Reiseveranstalter zur Rückzahlung des restlichen Reisepreises verurteilt.

Die Reisenden stornierten im letzten Sommer ihren Türkeiurlaub wegen der Corona-Pandemie, nachdem das Auswärtige Amt die Reisewarnung für die Urlaubsgebiete in der Türkei bereits aufgehoben hatte. Der Veranstalter weigerte sich daraufhin, den Rücktritt zu akzeptieren und den Reisepreis zu erstatten.

Das Amtsgericht machte in seiner Urteilsbegründung deutlich, dass es für die erforderliche Prognose der erheblichen Beeinträchtigungen am Urlaubsort nicht zwingend auf das Vorliegen einer Reisewarnung ankomme, da diese lediglich Indizwirkung entfalte.

Aus der fortgesetzten Einstufung als Risikogebiet durch das RKI sei vielmehr zu schließen, dass die Lage im Urlaubsgebiet nicht so unter Kontrolle war, wie dies in anderen Ländern der Fall war. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es ab dem Zeitpunkt der Aufhebung der Reisewarnung zu einer erheblichen Zunahme der Corona-Zahlen im Reiseland kam, wobei die Infektionszahlen in der Türkei binnen eines Monats ab Aufhebung der Reisewarnung um 60 % gestiegen waren. Hieraus konnte der Reisende insgesamt die Schlussfolgerung ziehen, dass es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise kommen könne.

Der Reisende war daher berechtigt, kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten, mit der Folge, dass der Veranstalter den einbehaltenen Reisepreis vollständig zurückzahlen musste.

Amtsgericht München, Urteil vom 29.04.2021 – 243 C 601/21

  26.04.2021 - Schadensersatz bei Ausfall der Reise wegen geschlossenem Hotel aufgrund der Corona-Pandemie

Die Schließung eines gebuchten Hotels, die augenscheinlich auf wirtschaftlichen Erwägungen beruht, rechtfertigt auch während der Corona-Pandemie einen Anspruch des Reisenden auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, wenn weder zum Zeitpunkt der geplanten Reise ein Einreiseverbot für Touristen vorlag, noch sonstige Umstände gegeben sind, welche die Schließung des Hotels erforderlich gemacht hätten.

Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 07.04.2021 (Az.: 25 C 1/21) entschieden und der Klägerin einen Schadensersatz in Höhe des hälftigen Reisepreises zugesprochen. Der Reiseveranstalter hat die Entscheidung akzeptiert, so dass das Urteil rechtskräftig ist.

Die Klägerin buchte eine Pauschalreise nach Kos / Griechenland, die Ende Oktober 2020 durchgeführt werden sollte. Zweieinhalb Monate vor Reisebeginn teilte der Veranstalter der Klägerin mit, dass das Hotel wegen der Corona-Pandemie in der Saison 2020 nicht mehr öffnen würde. Eine Alternative der Klägerin jedoch nicht angeboten, obwohl sie den Veranstalter ausdrücklich um Benennung einer Ersatzunterkunft bat. Da der Reiseveranstalter untätig blieb, kündigte die Klägerin schließlich den Reisevertrag und machte in der Folge Schadensersatzansprüche geltend.

Im gerichtlichen Verfahren argumentierte der Veranstalter, dass er wegen der Corona-Pandemie zunächst abwarten wollte, da unklar gewesen sei, ob und welche Hotels im Reisezeitraum überhaupt geöffnet hätten. Dies ließ das Amtsgericht jedoch nicht durchgreifen.

Das Gericht wies hierbei darauf hin, dass der Veranstalter trotz Aufforderung der Klägerin nach Benennung einer Ersatzunterkunft über einem Zeitraum von mehr als zwei Monaten untätig geblieben sei. Unabhängig davon wäre die Reisende ohnehin nicht verpflichtet gewesen, ein Alternativhotel zu akzeptieren, da sich die Leistungspflicht des Reiseveranstalters auf die gebuchte Unterkunft konkretisiert habe.

Im Ergebnis sprach das Amtsgericht der Klägerin einen Schadensersatz wegen Ausfalls der Reise in Höhe des hälftigen Reisepreises zu.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.04.2021 - Az.: 25 C 1/21

  01.01.2021 - Stornokosten in Höhe von 30 % bei Rücktritt bis 30 Tage vor Reisebeginn sind unwirksam

Erfolgt der Rücktritt vom Reisevertrag bereits mehrere Monate vor Reiseantritt ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten, dass in der überwiegenden Anzahl eine Weiterverwendung der Reiseleistungen erfolgt und die Einbuße des Reisenden dadurch regelmäßig deutlich unter 30 % des Reisepreises liegt.

Die gegen die Reisenden gerichtete Klage des vom Reiseveranstalter eingeschalteten Inkassobüros hat das Amtsgericht Bochum mit Urteil vom 13.10.2020 (Az.: 39 C 9/20) daher abgewiesen.

Die Klägerin buchte für ihre Familie ein Familienzimmer, wobei ihr bei der Auswahl der Zimmergröße ein Fehler unterlief. Da eine Umbuchung letztlich scheiterte, stornierte die Klägerin die Buchung innerhalb weniger Tage, jedoch noch mehrere Monate vor Reisebeginn. Der Veranstalter forderte daraufhin 30 % des Reisepreises als Stornoentschädigung, wobei die Klägerin die Stornorechnung zurückwies.

Verlangt der Reiseveranstalter bei einem Rücktritt vom Reisevertrag bis 30 Tage vor Reiseantritt eine Stornopauschale von 30 %, stellt eine derartige Stornopauschale nach Ansicht des Amtsgerichts Bochum eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden dar, mit der Folge, dass die Stornokostenpauschale unwirksam ist. Denn der Veranstalter lässt sich darin eine unangemessen hohe Entschädigung für all diejenigen Fälle versprechen, in denen der Rücktritt bereits mehrere Monate vor Reiseantritt erfolgt.

Dass dies vor allem auch vorliegend der Fall war, wurde auch vom klagenden Inkassobüro letztlich selbst eingeräumt. Nach ausdrücklichem Hinweis des Amtsgerichts war dieses lediglich in der Lage, beim Veranstalter vermeintlich eingetretene Kosten zu benennen, die jedoch nur einen Bruchteil der vom Inkassobüro geltend gemachten Stornokosten ausmachten. Auch war der Veranstalter bzw. das Inkassobüro bezeichnenderweise zu keiner Zeit in der Lage, über die vermeintlich angefallenen tatsächlichen Kosten einen entsprechenden Nachweis vorzulegen.

Das Amtsgericht hat die Klage daher vollumfänglich abgewiesen, so dass die Reisenden keinerlei Stornokosten zahlen mussten. Das Urteil ist rechtskräftig.

Amtsgericht Bochum, Urteil vom 13.10.2020 - Az.: 39 C 9/20 (RRa 2021, 113)

  30.12.2020 - "Doppelte Ausgleichszahlung" bei Umbuchung und anschließender Verspätung des Ersatzfluges

Auch wenn erst der Anschlussflug von einer Flugverspätung betroffen ist und der Zubringerflug pünktlich startete, steht dem Fluggast eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung zu, die sich nach der Gesamtstrecke der gebuchten Flugreise bemisst. Dies gilt auch dann, wenn der Fluggast zuvor von der Airline umgebucht wurde und bereits für die Umbuchung eine Ausgleichszahlung erhalten hat.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat dem Kläger mit Urteil vom 06.07.2020 (Az.: 18 C 444/19) die restliche Ausgleichszahlung zugesprochen, nachdem die Airline zuvor nur einen Teilbetrag gezahlt hatte.

Dem Sachverhalt lag eine Buchung über zwei zusammenhängende Flüge von Los Angeles via Paris nach Düsseldorf zugrunde. Der Anschlussflug von Paris nach Düsseldorf war erheblich verspätet und wurde letztendlich annulliert. Aus diesem Grund wurden die Passagiere mit einem Alternativflug ersatzweise befördert, der seinerseits verspätet durchgeführt wurde.

Nach Ansicht des Amtsgerichts kann ein Fluggast grundsätzlich sowohl für die ursprüngliche Buchung als auch für die Ersatzbeförderung eine Ausgleichszahlung verlangen, da die Fluggäste in derartigen Fällen zweimal Unannehmlichkeiten ausgesetzt sind, zunächst wegen der Nichtbeförderung auf dem ursprünglich gebuchten Flug und ein weiteres Mal wegen der großen Verspätung des Ersatzfluges.

Es mache für die Fluggäste einen Unterschied, so das Amtsgericht, ob sie nach einer eingetretenen Flugunregelmäßigkeit ihren Zielort mittels der angebotenen Ersatzbeförderung erreichen, oder ob es zu einer zweiten Flugunregelmäßigkeit – verbunden mit einer weiteren Verspätung – komme.

Es ist erst Recht von einer Ausgleichsleistung für den Alternativflug auszugehen, wenn dieser von einem anderen als dem ursprünglichen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird. Wenn schon das ursprüngliche Luftfahrtunternehmen zwei Mal die Ausgleichsleistung erbringen müsse, gelte dies erst Recht, wenn die ersatzweise Beförderung durch eine andere Airline erfolge.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein Fluggast, der gegen seinen Willen auf einen Alternativflug umgebucht wird, der seinerseits verspätet ist, vom Luftfahrtunternehmen eine „doppelte Ausgleichszahlung“ verlangen kann, namentlich einmal für die gegen seinen Willen vorgenommene Umbuchung und zusätzlich für die Verspätung des Ersatzfluges.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2020 – Az.: 18 C 444/19 (RRa 2021, 135)

  29.05.2020 - Ausgleichszahlung bei Verspätung eines kurzfristig durch andere Airline übernommenen Fluges

Erhält eine Fluggesellschaft bei der kurzfristigen Übernahme eines Fluges im Rahmen einer Pauschalreise nicht rechtzeitig die erforderliche Erlaubnis des Luftfahrtbundesamtes, so dass sich der Flug hierdurch verspätet, können betroffene Passagiere eine Ausgleichszahlung aufgrund der Flugverspätung geltend machen.

Dabei kann sich die Fluggesellschaft nach der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf (Az.: 54 C 173/19) auch nicht auf das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen berufen.

Bei dem Umstand, dass bei kurzfristiger Übernahme eines Fluges nicht rechtzeitig die erforderliche Erlaubnis des Luftfahrtbundesamtes vorliegt und der Flug daher verspätet durchgeführt werden muss, handelt es sich nach Auffassung des Amtsgerichts um einen gewöhnlichen, regelmäßig vorkommenden Umstand, der üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist und daher in den Risikobereich der Fluggesellschaft fällt. Dabei liegt die kurzfristige Übernahme für ausfallende Fluggesellschaften nicht außerhalb des Gewöhnlichen, sondern stellt vielmehr einen Umstand dar, der von der Airline beherrschbar ist.

Im vorliegenden Fall hatte das betroffene Luftfahrtunternehmen kurzfristig den Flug einer anderen Fluggesellschaft übernommen, der wegen Verstößen gegen behördliche Auflagen die Lizenz entzogen wurde. Aufgrund des äußerst kurzen Zeitraums zwischen Übernahme und Durchführung des Fluges lag die erforderliche Erlaubnis des Luftfahrtbundesamtes nicht rechtzeitig vor, so dass der Flug erst mit neunstündiger Verspätung durchgeführt werden konnte.

Hieraus ergab sich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung in Höhe von 400,00 €, der vor dem Amtsgericht erfolgreich durchgesetzt werden konnte.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.04.2020 – Az.: 54 C 173/19

  23.12.2019 - Minderung des Reisepreises aufgrund eines Badeverbots am hoteleigenen Strand

Ist es nicht erlaubt, unmittelbar vor dem Hotel am Strand zu schwimmen, rechtfertigt dies eine Reisepreisminderung in Höhe von 10 %. Dies hat das Amtsgericht Hannover mit Urteil vom 19.07.2019 (Az.: 515 C 7331/19) entschieden und stützte dies insbesondere auf die Zusicherungen des Reiseveranstalters in der Reisebeschreibung.

In dem der Entscheidung des Amtsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Reiseveranstalter das Hotel in seiner Reisebeschreibung mit „direkt am Strand gelegen“ und „erste Strandlage“ angepriesen. Bei Ankunft im Hotel erhielt der Kläger ein Hinweisblatt, aus dem hervorging, dass der hoteleigene Strand als Naturschutzgebiet / Schutzgebiet für Meereslebewesen definiert und das Schwimmen im Meer nicht erlaubt sei. Am hoteleigenen Strand waren entsprechende Verbotsschilder nebst Strafandrohung aufgestellt. Da auch kein Steg ins Meer führte, musste der Kläger etwa 800 m zum Nachbarhotel laufen, um ins Meer zu gelangen.

Diesen Umstand stufte das Amtsgericht Hannover als Reisemangel ein und verurteilte den Reiseveranstalter zur Erstattung eines Minderungsbetrages in Höhe von 10 % des Reisepreises.

Mit der Reisebeschreibung des Hotels als „direkt am Strand gelegen“ und „erste Strandlage“ werde dem Reisenden suggeriert, dass ein Schwimmen unmittelbar im Meer am Hotel möglich sei, so das Amtsgericht. Vom Hotel aus könne man nämlich direkt in Badesachen ins Meer gehen und auch direkt danach zu den Umkleiden / Toiletten gelangen ohne irgendwelche Sachen wie Handtuch, Schuhe oder Wechselsachen mitnehmen zu müssen. Es mache daher einen erheblichen Unterschied aus, ob man direkt am Hotel ins Meer gehen könne oder ob man erst eine Strecke laufen oder sogar einen Shuttle benutzen müsse.

Nach Ansicht des Amtsgerichts obliegt es dem Reiseveranstalter, das Hotel zutreffend zu beschreiben. Da auf das Badeverbot jedoch im vorliegenden Fall gerade nicht hingewiesen wurde, musste sich der Veranstalter an seiner Beschreibung festhalten lassen.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 19.07.2019 – Az.: 515 C 7331/19 (RRa 2019, 279)

  21.08.2019 - Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Ersatzfluges zum Erreichen des Kreuzfahrtschiffs

Einem Reisenden steht gegen den Reiseveranstalter bei Ausfall eines Fluges ein Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbst gezahlte Ersatzflüge zu, um das im Rahmen einer gebuchten Pauschalreise auslaufende Kreuzfahrtschiff rechtzeitig zu erreichen. Dies hat das Amtsgericht Westerburg mit Urteil vom 08.05.2019 (Az.: 23 C 227/18) entschieden.

Der Kläger buchte beim beklagten Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt, wobei die Reise eine Flugbeförderung von Frankfurt via New York nach Fort Lauderdale beinhaltete. Bereits der Zubringerflug nach New York war verspätet. Zudem wurde dem Kläger in New York mitgeteilt, dass der Anschlussflug annulliert worden ist. Da der Kläger den Reiseveranstalter nicht erreichen konnte, buchte er selbst Ersatzflüge nach Fort Lauderdale, um das Kreuzfahrtschiff zu erreichen.

Die durch den Reisenden getätigten Aufwendungen verlangte der Kläger vom Reiseveranstalter zurück, wobei dieser eine Erstattung mit der Begründung ablehnte, dass der Kläger den Reisemangel nicht angezeigt habe und der ursprüngliche Flug wegen höherer Gewalt in Form von schlechtem Wetter ausgefallen sei.

Das Amtsgericht Westerburg entschied, dass die Ablehnung des Veranstalters zu Unrecht erfolgte und sprach dem Kläger die verauslagten Kosten des Ersatzfluges sowie eine zusätzliche Minderung des Reiserpreises wegen des ausgefallenen Transfers sowie der Vorübernachtung zu.

Nach Auffassung des Amtsgerichts kommt es auf ein etwaiges Abhilfeverlangen des Klägers nicht an. Zwar muss der Reisende einen Mangel grundsätzlich gegenüber dem Reiseveranstalter anzeigen und ihm die Möglichkeit zur Abhilfe geben. Der Reiseveranstalter muss seinerseits jedoch auf das Erfordernis einer Mängelanzeige hinweisen. Fehlt es an einer derartigen ordnungsgemäßen Belehrung, darf der Reiseveranstalter einem reisevertraglichen Anspruch grundsätzlich nicht entgegenhalten, dass der Reisende von einem Abhilfeverlangen abgesehen hat (so auch BGH MDR 2018, 1301).

Das Amtsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Reiseveranstalter den Reisenden in der Reisebestäti­gung darauf hinzuweisen habe, dass er einen aufgetretenen Mangel anzuzeigen und grundsätzlich eine angemessene Frist zur Abhilfeleistung zu setzen habe. Da ein solcher Hinweis bereits fehlte, kam es nicht darauf an, ob sich der Kläger zuvor an den Veranstalter gewandt hat und um einen Ersatzflug bat.

Auf die Frage, warum der Flug von New York nach Fort Lauderdale nicht durch­geführt werden konnte, käme es nicht an, da Beeinträchtigungen der Reiseleistungen durch höhere Gewalt die Einstandspflicht des Reiseveranstalters grundsätzlich nicht berühre.

Zusätzlich sprach das Amtsgericht dem Kläger auch eine Minderung des Reisepreises zu, weil neben dem geschuldeten Transfer auch die weitere Leistung des Reiseveranstalters in Form einer Vorübernachtung in Fort Lauderdale erheblich beeinträchtigt war, zumal der Kläger erst in den frühen Morgenstunden dort eintraf.

Amtsgericht Westerburg, Urteil vom 08.05.2019 – Az.: 23 C 227/18

  17.05.2019 - Anspruch eines Kleinkindes auf Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung

Auch einem Kleinkind, welches als Infant ohne eigenen Sitzplatzanspruch auf dem Schoß der Eltern fliegt, kann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung zustehen. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Kleinkind kostenlos befördert wird; die Zahlung einer geringen Gebühr für das Kind ist zur Begründung des Anspruchs aber ausreichend.

Nach der Entscheidung des Landgerichts Köln vom 02.04.2019 (Az.: 11 S 151/18) liegt die Darlegungs- und Beweislast für die kostenlose Beförderung eines Kleinkindes aufgrund des Regel-/Ausnahmeverhältnisses des Art. 3 Verordnung (EG) 261/2004 bei der Fluggesellschaft. Bei der Frage, ob ein Fluggast entsprechend Art. 3 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reist, kommt es bei einer Pauschalreise auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Reiseveranstalter und dem Luftfahrtunternehmen als Leistungsträger an.

Dies kann nach Auffassung des Landgerichts damit begründet werden, dass bei einer Pauschalreise zwischen dem Reisenden und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen keine direkten vertraglichen Beziehungen bestehen, so dass die Prüfung, ob eine kostenlose Beförderung erfolgt sei, nur erfolgen könne, indem festgestellt werde, ob das beklagte Luftfahrtunternehmen von seinem Vertragspartner, dem Reiseveranstalter, eine Vergütung auch für die Beförderung des vermeintlich kostenlos Reisenden erhalten hat.

Den Nachweis einer kostenlosen Beförderung des Kleinkindes konnte die Fluggesellschaft im vorliegenden Fall nicht führen, so dass diese durch das Berufungsgericht zur Zahlung des Ausgleichsbetrages verurteilt wurde.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat das Landgericht zudem bestätigt, dass die spontane Abwesenheit eines erheblichen Teils des Flugpersonals („wilder Streik“) nicht unter den Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 fällt. Insoweit folgt das Landgericht der Rechtsprechung des EuGH zum sog. "wilden Streik" (EuGH, Urt. v. 17.04.2018, Az.: C-195/17)

Die Fluggäste mussten sich im vorliegenden Verfahren jedoch die Zahlung einer Minderung des Reisepreises durch ihren Reiseveranstalter anrechnen lassen. Auf diese Zahlung hatte sich die Airline berufen. Denn bei einem Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung aufgrund großer Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB a. F. handelt es sich – so das Landgericht – um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nach Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EG) 261/2004, der auf die Ausgleichszahlung der Fluggesellschaft sodann anzurechnen ist.

Landgericht Köln, Urteil vom 02.04.2019 – Az.: 11 S 151/18

  20.03.2019 - Reiseveranstalter schuldet Schadensersatz bei Ausfall der Reise wegen Insolvenz der Airline

In den letzten Jahren häufen sich die Insolvenzen der Fluggesellschaften. Allein in Deutschland mussten zuletzt vier Airlines den Flugbetrieb einstellen. Neben der Air Berlin, der Small Planet und der Azur Air hat jüngst die Germania einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Die Flugpassagiere haben in diesen Fällen regelmäßig das Nachsehen.

Hat der Reisende jedoch eine Pauschalreise gebucht, kann er sich an seinen Reiseveranstalter wenden. Der Veranstalter schuldet die Beförderung zum Zielort. Ist dies nicht möglich, kann dem Reisenden ein Schadensersatzanspruch zustehen. Wird der Hinflug aufgrund der Insolvenz der Fluggesellschaft ersatzlos gestrichen, liegt hierin eine Vereitelung der Reise i. S. d. § 651 f Abs. 2 BGB vor.

Dies hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 19.06.2018 (Az.: 30 O 107/18) aktuell entschieden.

Der Kläger buchte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise, die Flüge von Düsseldorf nach Punta Cana und zurück vorsah, wobei eine höherwertige Flugbeförderung in der Business-Class zu einem Aufpreis gebucht war. Wegen der nach Reisebuchung eingetretenen Insolvenz wurden die Flüge annulliert. Der Veranstalter unterbreitete dem Reisenden sodann eine Ersatzbeförderung von Frankfurt nach Amsterdam. Am Folgetag sollte eine Weiterbeförderung von Amsterdam via Paris nach Punta Cana erfolgen, wobei eine für den Reisenden kostenpflichtige Zwischenübernachtung in Amsterdam angefallen wäre. Zudem handelte es sich bei den angebotenen Ersatzflügen um Plätze in der „Economy-Class“. Der Kläger lehnte dieses Ersatzangebot ab und kündigte den Reisevertrag. Wegen Vereitelung der Reise machte der Kläger sodann Schadensersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend.

Nach Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 651f Abs. 2 BGB gegen den Reiseveranstalter zu. Wird der Hinflug wegen der Insolvenz der Fluggesellschaft ersatzlos gestrichen, liegt hierin eine Vereitelung der Reise, die den Anspruch auf Schadensersatz begründet.

Dabei falle es nach Ansicht des Landgerichts in den Gefahrenbereich des Reiseveranstalters sich solcher Erfüllungs- und Leistungsgehilfen zu bedienen, die solvent sind. Die Insolvenz der Fluggesellschaft stelle auch keinen Fall von höherer Gewalt dar. Ein Ersatzangebot des Reiseveranstalters müsse gleichwertig sein. Der vorgesehene Direktflug in der „Business-Class“ sei jedoch nicht gleichwertig mit einem über zwei Tage stattfindenden Ersatzflug in der „Economy-Class“ und einer kostenpflichtigen Zwischenübernachtung.

Der Kläger habe das Ersatzangebot daher berechtigterweise abgelehnt. Dabei ist der Reisende nicht verpflichtet, Rechtfertigungsgründe für seine Nichtannahme des Ersatzangebots darzulegen; vielmehr müsse der Reiseveranstalter Gründe, die die Ablehnung des Ersatzangebots durch den Reisenden als treuwidrig erscheinen lassen, darlegen und beweisen.

Nach Auffassung des Landgerichts ist die Bemessung der Entschädigung bei der Vereitelung der Reise mit der Hälfte des Reisepreises anzusetzen, insbesondere, wenn die Annullierung des Fluges – wie vorliegend – erst kurzfristig mitgeteilt und kein gleichwertiges Ersatzangebot unterbreitet wurde. Verbringt der Reisende seinen Urlaub sodann lediglich zu Hause, ist der zu berücksichtigende Erholungswert jedoch mit der Hälfte des Reisepreises als angemessen anzusehen.

Landgericht Köln, Urteil vom 19.06.2018 – Az.: 30 O 107/18 (RRa 2019, 156)

  17.01.2019 - Anspruch auf Rückzahlung des Flugpreises bei versehentlicher Eingabe des Flugdatums in der Buchungsmaske

Vertippt sich ein Reisender im Rahmen der Buchung von Flügen im Internet beim Rückflugdatum, liegt darin ein Erklärungsirrtum, der den Flugpassagier zur Anfechtung des Luftbeförderungsbetrages berechtigt. Erklärt der Flugpassagier daraufhin die Anfechtung, kann er den bereits bezahlten Flugpreis von der Airline zurückfordern.

Dies hat das Amtsgericht Bremen mit Urteil vom 20.12.2018 (Az.: 4 C 107/18) entschieden.

Die Kläger buchten im Internet Flüge in die Türkei, wobei sie sich beim Eintragen des Rückflugdatums vertippten; hierbei wählten die Kläger beim Rückflug den falschen Monat aus, weil sie durch ihren Sohn abgelenkt waren. Bereits nach ca. 15 Minuten fiel ihnen der Fehler auf, so dass sie die Flüge umgehend stornierten. Zusätzlich sandten die Kläger ein Schreiben an die Airline, wobei sie darauf hinwiesen, dass sie sich beim Rückflugdatum vertan hätten. Die Fluggesellschaft erstattete lediglich einen geringen Teilbetrag und lehnte eine weitergehende Rückzahlung des Flugpreises ab.

Zu Unrecht, wie das Amtsgericht Bremen in seinem Urteil feststellte. Die Fluggesellschaft wurde daher vollumfänglich zur Rückzahlung des restlichen Flugpreises verurteilt.

Zur Begründung verwies das Amtsgericht darauf, dass die Kläger berechtigt waren, den abgeschlossenen Beförderungsvertrag anzufechten und den Flugpreis zurückzuverlangen, weil sie glaubhaft erklärt haben, sich bei der Buchung vertippt zu haben. Die Kläger wollten die vorgenommene Buchung so nicht tätigen. Das Vertippen oder Verschreiben stelle jedoch das klassische Beispiel eines sog. Erklärungsirrtums dar.

Für die abzugebende Anfechtungserklärung genügt es nach Ansicht des Amtsgerichts, dass sich der Flugpassagier auf den Willensmangel beruft; das Wort „anfechten“ muss hierbei nicht benutzt werden. Entscheidend sei dabei, dass die Kläger in ihrem Schreiben an die Airline geltend gemacht haben, dass sie das Rückflugdatum ausversehen falsch eingetippt hätten. Damit haben sich die Kläger jedenfalls auf einen Willensmangel berufen. Unschädlich sei auch, dass die Kläger den Flug zusätzlich storniert hätten. Sofern man darin eine Kündigung der Flüge sehen sollte, schließt dies eine später erklärte Anfechtung nicht aus.

Da der Luftbeförderungsvertrag aufgrund der Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, können die Kläger nach § 812 BGB den Flugpreis von der Fluggesellschaft zurückfordern, zumal der Flug nach Mitteilung der Airline auch nicht ausgebucht war.

Flugpassagiere, die sich im Buchungsformular vertippen bzw. versehentlich ein falsches Datum auswählen, haben somit die Möglichkeit, den oftmals nach der Buchung zu zahlenden gesamten Flugpreis von der Airline zurückzuverlangen. Dies gilt grundsätzlich auch bei Flugtarifen, die normalerweise nicht stornierbar sind.

Voraussetzung für die Rückerlangung des Flugpreises ist es jedoch, dass die Anfechtung gegenüber der Fluggesellschaft umgehend nach Feststellen des Irrtums erklärt wird; nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Anfechtungserklärung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, abzugeben. Aus Beweisgründen sollte dies zudem schriftlich erfolgen. Das Wort „anfechten“ muss dabei nicht ausdrücklich genannt werden. Aus der Erklärung muss sich aber ergeben, dass die Buchung des Fluges auf einen Willensmangel – wie im vorliegenden Fall das Vertippen – zurückzuführen ist.

Auch wenn die Airlines die Rückzahlung des Flugpreises nicht selten zurückweisen, sollten sich Reisende hiervon nicht abschrecken lassen. Sollten Sie Hilfe bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche benötigen, vertreten wir gerne Ihre Interessen in allen Bereichen des Reiserechts.

Amtsgericht Bremen, Urteil vom 20.12.2018 – Az.: 4 C 107/18

  01.02.2018 - Fluggesellschaft darf Passagiere nicht eigenmächtig auf eine alternative Flugroute umbuchen

Bei Ausfall eines Zubringerfluges hat die Fluggesellschaft nicht das Recht, den Fluggast eigenmächtig auf eine alternative Flugroute umzubuchen. Erfolgt dennoch eine Umbuchung ohne vorherige Rücksprache mit dem Flugpassagier, stellt dies eine Beförderungsverweigerung hinsichtlich des Anschlussfluges dar, mit der Folge, dass dem Fluggast Ansprüche auf Ausgleichszahlung und Schadensersatz zustehen können.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf wurde den Flugpassagieren die Beförderung auf dem Anschlussflug gegen ihren Willen verweigert wurde, indem die Airline die Fluggäste eigenmächtig auf einen alternativen Flug umgebucht hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Annullierung des Zubringerfluges keinen vertretbaren Grund für die Nichtbeförderung mit dem Anschlussflug darstellt. Die vertretbaren Gründe für eine Nichtbeförderung müssen gerade den Flug betreffen, mit dem die Beförderung verweigert wird. Der Anschlussflug wurde jedoch planmäßig durchgeführt. Das Erbringen der Beförderungsleistung auf diesem Flug wäre der Airline daher unproblematisch möglich gewesen. Von der Annullierung betroffen war allein der Zubringerflug.

Aus den vorgenannten Gründen steht einem Flugpassagier daher bei eigenmächtiger Umbuchung durch die Airline ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) 261/2004 gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu, das im vorliegenden Fall aufgrund der zugrunde zu legenden Entfernung mit 600,00 € pro Fluggast zu bemessen war.

Da die Airline durch die eigenmächtige Umbuchung auch ihre Pflicht aus dem Luftbeförderungsvertrag verletzt hat, wurde den Reisenden überdies ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entstandener Mehrkosten für die erforderliche Buchung eines neuen Inlandsfluges sowie in Bezug auf ein gemietetes Ferienhaus zuerkannt.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2017 – Az.: 49 C 343/17 (RRa 2018, 134)

  21.07.2017 - Anspruch des Fluggastes auf Erstattung ihm entstandener Rechtsanwaltsgebühren

Teilt ein durch die Fluggesellschaft eingeschalteter Schadensabwickler dem Fluggast mit, für einen Kofferschaden einen Gutschein über 18,- Euro ausgegeben zu wollen, den der Passagier sodann im Onlineshop der Gesellschaft einlösen kann, ist dies nach Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf als endgültige Weigerung zur Erstattung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu sehen.

Auf einem Flug mit der Beklagten sind zwei Koffer des Klägers irreparabel beschädigt worden. Der Fluggast machte sodann über ein von der Fluggesellschaft bereitgestelltes Online-Formular seinen Schaden geltend. Hierzu reichte der Kläger sowohl Fotografien der beschädigten Gepäckstücke ein und teilte auch einen aktuellen Kaufpreis in Höhe von jeweils über 150,- Euro für die Koffer mit. Nach Ansicht des Amtsgerichts Düsseldorf liegt hierin die eindeutige Aufforderung zur Erstattung des Schadens.

Da der Kläger auf die Nutzung des Onlineformulars verwiesen war, konnte er auch nur die dort abgefragten Informationen angeben. Den Vorhalt der Fluggesellschaft, dass hierin keine eindeutige Zahlungsaufforderung liege, wies das Amtsgericht Düsseldorf mit der Begründung zurück, dass die Airline sodann die aus ihrer Sicht erforderlichen Angaben gegebenenfalls im Onlineformular entsprechend anpassen müsse.

Der von der Fluggesellschaft zur Schadensabwicklung eingeschaltete Abwickler teilte sodann nach Prüfung des Schadensfalles per eMail lediglich mit, einen Gutschein über 18,- Euro an den Kläger ausgeben zu wollen. Diesen Gutschein dürfte der Kläger im Onlineshop der Gesellschaft einlösen. Darin war – so das Amtsgericht Düsseldorf – eine endgültige Weigerung zur Erstattung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu sehen, da die Beklagte damit erklärt hat, eine weitere Kostenerstattung nicht vornehmen zu wollen.

Der Flugpassagier konnte sich daher anwaltlicher Hilfe bedienen. Die hierfür entstandenen Kosten muss die Fluggesellschaft übernehmen, da sie sich mit der Schadensregulierung in Verzug befand.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2017 – Az.: 45 C 146/17

  16.09.2016 - Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Umbuchung des Passagiers auf einen anderen Flug

Wird der Fluggast durch die Airline auf dem Rückflug auf einen anderen Flug verlegt, weil ein Crew-Mitglied schwer erkrankt ist und die Anzahl der Passagiere reduziert werden musste, steht dem Passagier dennoch eine Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) 261/2004 gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 14.08.2015 (Az.: 37 C 15236/14) entschieden.

Der Kläger sowie dessen Ehefrau verfügten über eine bestätigte Buchung für den Flug von Hurghada nach Düsseldorf. Bereits im Bus des Reiseveranstalters, welcher den Kläger zum Flughafen bringen sollte, wurde diesem mitgeteilt, dass eine Beförderung mit dem ursprünglich vorgesehenen Flug nicht stattfinden werde. Der Kläger wurde auf eine andere Maschine mit Ziel in Köln / Bonn umgebucht. Der ursprüngliche Flug wurde dagegen planmäßig durchgeführt. Nach Mitteilung der Fluggsellschaft sei die Umbuchung des Klägers sowie weiterer 37 Passagiere notwendig gewesen, weil ein Crew-Mitglied kurzfristig schwer erkrankt war und die Anzahl der Flugpassagiere reduziert werden musste.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat dem Kläger eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600,- € pro Passagier und die Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zugesprochen. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass dem Kläger sowie seiner Ehefrau die Beförderung von Hurghada nach Düsseldorf gegen ihren Willen verweigert wurde, obwohl beide über jeweils eine bestätigte Buchung für den Rückflug verfügten. Die Beförderungsverweigerung erfolgte, ohne dass hierfür vertretbare Gründe i. S. d. Art. 2 lit. j) der Verordnung (EG) 261/2004 feststellbar waren.

Nach der Definition in Art. 2 lit. j) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 liegen vertretbare Gründe für eine Nichtbeförderung vor, wenn sie im Zusammenhang mit der Gesundheit oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit oder unzureichenden Reiseunterlagen stehen. Dies ist dahin auszulegen, dass das allgemeine oder betriebliche Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit dem abgewiesenen Fluggast bzw. den abgewiesenen Fluggästen stehen muss. Die Begrenzung der Anzahl der Passagiere wegen zu weniger Flugbegleiter aufgrund eines Krankheitsfalls stellt sich daher nicht als ein “vertretbarer Grund” im Sinne des Art. 2 lit. j) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 dar. Es muss sich vielmehr um Gründe handeln, die in der Person des Fluggastes liegen; zumindest müssen Gründe vorliegen, die dem Fluggast zuzurechnen sind. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall.

Die Fluggesellschaft kann sich bei einer Nichtbeförderung auch nicht auf außergewöhnliche Umstände nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 berufen. Die Vorschrift ist bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Verordnung nicht auf den Fall einer Nichtbeförderung anwendbar, da Art. 2 lit. j) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auf allein in der Person des Fluggastes liegende Umstände abstellt. Unabhängig davon wies das Amtsgericht zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Erkrankung eines Crew-Mitglieds und der Reduzierung der Fluggäste aufgrund von Sicherheitsvorschriften gerade nicht um einen das Flugunternehmen entlastenden außergewöhnlichen Umstand handelt.

Da die Gründe der Nichtbeförderung im vorliegenden Rechtsstreit allein der betrieblichen Sphäre der Fluggesellschaft zuzuordnen sind, war diese zur Zahlung des Ausgleichsbetrages verpflichtet. Bei Umbuchung auf einen anderen Flug - sei es durch die Airline oder aber den Reiseveranstalter - sollten Fluggäste daher stets etwaige Ansprüche durch einen im Reiserecht tätigen Rechtsanwalt überprüfen lassen.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2015 – Az.: 37 C 15236/14 (RRa 2016, 196)

  22.07.2016 - Schadensersatz bei Absage eines Ferienhauses durch den Reiseveranstalter wenige Tage vor Reiseantritt

Wird ein gebuchtes Ferienhaus erst 5 Tage vor Abreise durch den Reiseveranstalter wegen unvorhersehbarer Umstände storniert, kann der Reisende eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB in Höhe von 60 % des Reisepreises verlangen. Dies hat das Amtsgericht Nettetal mit Urteil vom 28.08.2014 (Az.: 19 C 26/14) entschieden.

Die Kläger – eine vierköpfige Familie – buchten bei der Beklagten ein Ferienhaus in Frankreich, wobei das Ferienhaus als Nichtraucherunterkunft bezeichnet war und über zwei Schlafzimmer mit Einzelbetten für jede Person verfügte. Wenige Tage vor Reiseantritt teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das Ferienhaus wegen unvorhersehbarer Umstände nicht buchbar sei und bot als Ersatz eine in etwa gleichgroße Ferienwohnung jedoch in einem anderen Ort an. Die ersatzweise angebotene Wohnung verfügte über zwei Zimmer mit je einem französischen Bett; es handelte sich darüber hinaus um ein Haus, in dem Rauchen gestattet war.

Die Kläger erklärten sich mit der Ersatzunterkunft nicht einverstanden und traten vom Vertrag zurück. Sie verbrachten ihren gebuchten Urlaub teilweise zu Hause und und teils an die Nordsee. Für die kurzfristige Absage machten die Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche geltend.

Das Amtsgericht Nettetal sprach den Klägern einen Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 60 % des Reisepreises zu. Bei Vereitelung einer Reise – wie vorliegend durch die Absage durch den Reiseveranstalter vor Reiseantritt – kann der Reisende nach § 651f Abs. 2 BGB wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Nach Auffassung des Amtsgerichts Nettetal waren die Kläger auch nicht verpflichtet, die vom Veranstalter angebotene Ersatzunterkunft anzunehmen. Die angebotene Ersatzunterkunft erwies sich gegenüber der ursprünglich gebuchten Ferienwohnung in wesentlichen Beschaffenheitsangaben als nicht gleichwertig: Das ursprüngliche Ferienhaus wies 2 Schlafzimmer mit jeweils 2 einzelnen Betten der Größe von 90 x 200 cm auf, hingegen die Ersatzunterkunft in den beiden Zimmern nur jeweils ein französisches Bett der Größe von 1,4 x 1,9 m. Insoweit erschien nach Auffassung des Amtsgerichts eine solche Unterbringung zweier Jugendlicher unterschiedlichen Geschlechts im Alter von 15 und 17 Jahren den Klägern nicht zumutbar. Eine Gleichwertigkeit der Unterkunft war ferner auch deshalb zu verneinen, weil die ersatzweise angebotene Wohnung in einem anderen Ort lag.

Hinsichtlich der Alternativunterkunft ist grundsätzlich zu verlangen, dass die Ersatzunterkunft zur gebuchten Unterkunft objektiv gleichwertig und dem Reisenden unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zuzumuten ist, diese Ersatzunterkunft auch anzunehmen. Die Beweislast trägt insoweit der Reiseveranstalter. Eine derartige objektive Vergleichbarkeit kann dabei allerdings nur dann gegeben sein, wenn die Ersatzunterkunft der gebuchten Unterkunft hinsichtlich Kategorie, Ausstattung und Standard entspreche und in räumlicher Nähe zu der gebuchten Unterkunft liegt. Dies war vorliegend – wie vom Amtsgericht ausgeführt – zu verneinen.

Amtsgericht Nettetal, Urteil vom 28.08.2014 – Az.: 19 C 26/14

  02.06.2016 - Minderung des Reisepreises bei Baustellenlärm, eingeschränktem Buffet und Käfern im Hotelzimmer

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 06.04.2016 (Az.: 274 C 18111/15) entschieden, dass Einschränkungen des Reisenden durch Baustellenlärm, ein unzureichend gefülltes Buffet sowie das Eindringen von einer erheblichen Anzahl von nachts in das Zimmer krabbelnden Käfern Reisemängel darstellen, die den Reisenden zu einer Minderung in Höhe von 30 % des Reisepreises berechtigen.

Im vorliegenden Fall sah sich die Klägerin während ihres Aufenthalts in Ägypten den vorstehenden Mängeln ausgesetzt. Auf die Beschwerde beim Reiseleiter wurde dieser ein Umzug in ein höherwertiges Ersatzhotel angeboten, wobei hierfür ein Aufpreis verlangt wurde. Nach einer Woche zog die Klägerin schließlich in das Ersatzhotel um, wobei sie einen Aufpreis in Höhe von 550,- € zahlen musste.

Das Amtsgericht München sprach der Reisenden eine Reisepreisminderung in einem Gesamtumfang von 30 % zu und verurteilte den Reiseveranstalter zur Rückzahlung des Aufpreises sowie zur Übernahme von Mehrkosten für die erforderliche Internetnutzung und Taxifahrt.

Dabei weist das Amtsgericht München zutreffend darauf hin, dass der von morgens bis abends im Hotel anhaltende Lärm einen schwerwiegenden Reisemangel darstellt, der den Reisenden zur Minderung des Reisepreises berechtigt. Auch am Strand des Schwesterhotels, welcher durch die Klägerin mitbenutzt werden durfte, waren die Reisenden einer weiteren Baustelle ausgesetzt, was erschwerend zu berücksichtigen ist.

Ebenso die Tatsache, dass das angebotene Buffet fast durchweg eine äußerst eingeschränkte Auswahl aufwies (vgl. auch AG Rostock, Urt. v. 10.12.2014, Az.: 47 C 210/14), ist nach Auffassung des Amtsgerichts München nicht lediglich als bloße Unannehmlichkeit hinzunehmen, sondern stellt einen – wenn auch weniger gewichtigen – Reisemangel dar. Das Buffet wurde durch das Hotelpersonal nur sehr unzureichend nachgefüllt, nachdem dieses durch andere Reisegäste regelrecht geplündert worden ist. Hier hätte nach Ansicht des Amtsgerichts München entweder mehr Essen zur Verfügung gestellt oder aber gegen das Fehlverhalten der anderen Reisegäste durch das Hotelpersonal vorgegangen werden müssen.

Auch das Eindringen einer erheblichen Anzahl von nachts in das Zimmer krabbelnden Käfern verbunden mit der Behandlung des Zimmers mit Insektiziden ist als Reisemangel zu klassifizieren. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin zumindest 21 Käfer festgestellt. Eine erhebliche Belästigung des Reisenden folgt aber bereits aus dem Umstand, dass die Käfer nachts aktiv waren und den Schlaf der Klägerin beeinträchtigt haben. Auch die Behandlung des Hotelzimmers mit Insektiziden mindert nach Auffassung des Amtsgerichts München die Qualität des Aufenthalts.

Der Reiseveranstalter muss überdies den gezahlten Aufpreis für das Ersatzhotel an die Klägerin erstatten, da der Reiseleiter seine Pflicht zur Abhilfe der Reisemängel verletzt hat. Die Klägerin hat grundsätzlich einen Anspruch auf kostenfreie Abhilfe, den der Reiseleiter pflichtwidrig ablehnte, indem er nur ein anderes Hotel einer höheren Kategorie gegen Aufpreis anbot, obwohl auch andere Hotels desselben Reiseveranstalters zur Verfügung standen. Diese Alternativen hatte die Klägerin über das Internet recherchiert und dem örtlichen Repräsentanten des Veranstalters auch vorgelegt. Auch Kosten für die Internetnutzung zur Recherche anderer freier Hotelzimmer hält das Amtsgericht München für erstattungsfähig, wobei dieses den erforderlichen Zeitaufwand auf zwei Stunden schätzt. Zudem kann die Klägerin auch die Taxikosten für den Umzug in das Ersatzhotel als Schadensersatz ersetzt verlangen (so auch AG Köln, Urt. v. 06.03.2008, Az.: 134 C 419/07).

Amtsgericht München, Urteil vom 06.04.2016 - Az.: 274 C 18111/15 (RRa 2016, 174)

  08.04.2016 - Anspruch auf Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug – auch bei Umstieg außerhalb der EU

Der Fluggast und eine weitere Mitreisende buchten eine Flugreise von Düsseldorf über Abu Dhabi nach Bangkok. Der Abflug des Zubringerflugs von Düsseldorf verspätete sich um 50 Minuten, sodass die Reisenden den Anschlussflug in Abu Dhabi nicht mehr erreichten. Die Beförderung von Abu Dhabi erfolgte erst am folgenden Tag mit einem Ersatzflug. Die Flugpassagiere erreichten Bangkok daher erst mit einer Verspätung von knapp elf Stunden.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Reisenden eine Ausgleichszahlung wegen Verspätung nach der Verordnung (EG) 261/2004 zugesprochen. Nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung steht einem Fluggast bei einer Ankunftsverspätung von mehr als 3 Stunden grundsätzlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu, der – je nach Flugentfernung – zwischen 250,- EUR bis 600,- EUR pro Flugpassagier beträgt.

Dies gilt nach zutreffender Auffassung des Amtsgerichts Düsseldorf auch dann, wenn die große Verspätung nicht bereits bei Abflug vorgelegen hat, sondern erst dadurch eintritt, dass die Reisenden einen Anschlussflug verpassen und dadurch verspätet am Endziel ankommen (EUGH Urt. v. 26.02.2013, C-11/11; ebenso BGH NJW-RR 2013, 1065; BGH Urt. v. 17.09.2019 – X ZR 123/10).

Im vorliegenden Fall führte der verpasste Anschlussflug zu einer Ankunftsverspätung von knapp elf Stunden, sodass den Fluggästen unter Zugrundelegung der Flugentfernung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600,- EUR pro Passagier zugesprochen wurde.

Das Amtsgericht wies in seinem Urteil darauf hin, dass Ansprüche wegen einer großen Verspätung nach der Fluggastrechteverordnung auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich voraussetzen, dass diese Verspätung durch einen Flug (mit-)verursacht wurde. Insofern komme dem Umstand, dass der Umsteigeflughafen Abu Dhabi lnternational außerhalb der Europäischen Union liege, keine Bedeutung zu. Ein Ausgleichsanspruch wäre lediglich dann ausgeschlossen, wenn die Störung erst bei einem Anschlussflug auftrete, für den die Verordnung nicht mehr gelte (vgl. BGH NJW 2013, 682; BGH NJW-RR 2013, 1065).

Tritt daher eine geringfügige Flugverspätung auf einem in der EU gestarteten Zubringerflug auf und erreicht der Fluggast hierdurch den Anschlussflug nicht mehr rechtzeitig, sodass er mehr als 3 Stunden verspätet an seinem Endziel ankommt, steht diesem ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu.

Die Airline kann sich sodann nur dadurch entlasten, dass die Flugverspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen sei. Im vorliegenden Verfahren hat das Luftfahrtunternehmen jedoch keinerlei Gründe vorgetragen, die einen außergewöhnlichen Umstand darstellen könnten. Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Airline daher entsprechend zur Zahlung des geltend gemachten Ausgleichsbetrags verurteilt.

Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2016 – Az.: 22 C 285/15

  16.11.2015 - Minderung bei fehlender Anzahl der gebuchten Schlafgelegenheiten

In dem vor dem Amtsgericht Hannover verhandelten Verfahren buchte der Reisende bei einem Reiseveranstalter für sich, seine Ehefrau und seine zwei Töchter ein Familienzimmer für 4 Personen. Vor Ort konnte ihm jedoch nur ein Hotelzimmer mit 3 Schlafgelegenheiten zur Verfügung gestellt werden. Die einzige Möglichkeit bestand in einem Umzug in eine „Suite“, da nur in dieser für alle Familienmitglieder eine entsprechende Anzahl von Betten zur Verfügung stand. Für diesen Umzug musste unser Mandant jedoch einen Aufpreis in Höhe von 320,55 EUR zahlen. Da das Hotel am letzten Urlaubstag ausgebucht war, war die Familie gehalten, die letzte Nacht in dem Zimmer mit nur 3 Schlafgelegenheiten zu verbringen. Der Reiseveranstalter weigerte sich, die entsprechenden Mehrkosten sowie eine angemessene Minderung zu erstatten.

Das Amtsgericht Hannover hat den Reiseveranstalter zur Zahlung der Mehrkosten sowie zur Minderung des Reisepreises verurteilt. Nach Auffassung des Amtsgerichts durfte der Kläger Schlafgelegenheiten für 4 Personen erwarten, weil er ein Familienzimmer für 4 Personen gebucht hat. Da dem Kläger die vertraglich vereinbarten 4 Schlafmöglichkeiten nicht zur Verfügung gestellt wurden, ist die Beklagte verpflichtet, die Mehrkosten für den Umzug in die „Suite“ als Schadensersatz nach § 651f Abs.1 BGB zu erstatten.

Weiterhin war der Kläger berechtigt, den Reisepreis für die letzte Nacht zu mindern, in der die Familie in dem Zimmer mit nur 3 Betten verbringen musste. Auch der Umzug aus der Suite in das Familienzimmer am letzten Reisetag begründet einen Reisemangel und rechtfertigt zu einer weiteren Reisepreisminderung in Höhe von 20 % des Tagesreisepreises.

Letztlich wurde der Reiseveranstalter verurteilt, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten an den Kläger zu erstatten, da sich dieser zur Durchsetzung seiner reisevertraglichen Ansprüche der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen durfte.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 22.05.2015 – Az.: 562 C 12747/14 (RRa 2016, 114)

  10.06.2015 - Ausgleichszahlung bei Vorverlegung eines Fluges

Flugpassagiere sind nicht selten von Flugverlegungen durch die Airlines betroffen. Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung bestätigt, dass auch die Vorverlegung eines Fluges einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) 261/2004 begründen kann. Nach der Verordnung können Fluggäste - je nach Flugentfernung - zwischen 250,- € und 600,- € von der Airline verlangen.

Im vorliegenden Fall sollte der Rückflug nach einem Urlaubsaufenthalt der Reisenden um 17:25 Uhr durchgeführt werden. Drei Tag zuvor hatte die Fluggesellschaft den Klägern mitgeteilt, dass der Flug auf 08:30 Uhr vorverlegt worden sei. Der BGH vertritt die Auffassung, dass in einer mehr als geringfügigen Vorverlegung eines Fluges durch die Fluggesellschaft eine Annullierung des Fluges vorliegt, die einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung begründen kann. Für die Annullierung des Fluges sei entscheidend, dass die ursprüngliche Flugplanung seitens der Airline endgültig aufgegeben wird. Dies gelte nach Ansicht des BGH auch dann, wenn die Fluggäste auf einen anderen Flug verlegt werden. Insoweit werde die ursprüngliche Flugplanung des Luftfahrtunternehmens auch dann aufgegeben, wenn ein Flug um rund 9 Stunden vorverlegt wird.

Nach der mündlichen Verhandlung wurden die Ansprüche durch die Fluggesellschaft anerkannt.

BGH, Urteil vom 09.06.2015 - Az.: X ZR 59/14 (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 89/15)

  10.03.2015 - Minderung des Reisepreises bei Notlandung aufgrund Ausfalls eines Triebwerks

Reisende sind aufgrund eines katastrophalen Rückfluges infolge Triebswerkausfalls zur Minderung des Reisepreises berechtigt. Dies entschied aktuell das Amtsgericht Frankfurt. Im vorliegenden Rechtsstreit befanden sich die Urlauber auf dem Rückweg nach Deutschland. Infolge eines Triebwerkausfalls musste das Flugzeug notlanden; der Strom fiel an Bord des Flugzeugs zeitweise aus, die Maschine sank ab und wurde hin- und hergerüttelt und die Stewardessen rannten panisch davon und konnten daher keinerlei Informationen geben.

Aufgrund des außergewöhnlich schwerwiegenden Reisemangels sprach das Amtsgericht Frankfurt der Klägerin eine Reisepreisminderung in Höhe von 40 % zu, wies jedoch auch darauf hin, dass der Erholungswert der Reise nicht vollständig entfallen sei.

Die bereits aufgrund der vorherigen Verspätung der Maschine gezahlte Ausgleichszahlung durch die Airline war auf diesen Minderungsbetrag nach Auffassung des Gerichts nicht anzurechnen, da die Ausgleichszahlung ausschließlich die Verspätungsfolgen kompensiere und somit eine völlig andere Zielrichtung habe.

AG Frankfurt, Urteil vom 06.06.2014 - Az.: 30 C 1590/13 (75)

  15.01.2015 - Airlines müssen bei der Flugbuchung tatsächlichen Endpreis ausweisen

Flugreisende werden bei der Suche nach Flügen im Internet oftmals mit vermeintlichen Schnäppchen gelockt. Steuern, Flughafengebühren und Kerosinzuschläge werden dabei in der Regel erst am Ende der Buchung angezeigt, so dass sich der vermeintliche günstige Flug letztlich als gar nicht mehr so preiswert erweist.

Eine derartige Vorgehensweise hat der Europäische Gerichtshof nunmehr mit Urteil vom 15.01.2015 für unzulässig erklärt.

Nach Auffassung des Gerichts müsse der zu zahlende Endpreise bei einer Online-Flugbuchung bereits bei der erstmaligen Angabe angezeigt werden. Dies gelte auch nicht nur für den vom Kunden ausgewählten, sondern grundsätzlich für jeden Flugdienst, dessen Preis ausgewiesen werde. Hierdurch sollen die Kunden in die Lage versetzt werden, die Preise der konkurrierenden Luftfahrtunternehmen effektiv zu vergleichen.

Eine ähnliche Vorgehensweise praktizieren auch zahlreiche Reisevermittler im Internet. Hier bleibt abzuwarten, ob auch diese zukünftig dazu verpflichtet werden, den Endpreis transparent bei der ersten Anzeige auszuweisen.

EuGH, Urteil vom 15.01.2015 - Az.: C-573/13

  17.07.2014 - Kinderlärm im Hotel kann Reisepreisminderung rechtfertigen

Im vorliegenden Fall hatte sich das Amtsgericht Hannover mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Reisender wegen Kinderlärms im Hotel eine Minderung des Reisepreises verlangen kann. Der Kläger buchte eine Reise in die Türkei, wobei das Mindestalter des ausgesuchten Hotels 18 Jahre betrug. Kurz vor Reiseantritt teilte der Reiseveranstalter dem Kläger mit, dass nicht vollständig auszuschließen sei, dass auch Kinder in der Hotelanlage angetroffen würden.

Trotz dieser Mitteilung trat der Kläger seine Reise an und bemängelte die Anwesenheit von rund 20 Kindern. Nach erfolgter Rückkehr gewährte ihm der Reiseveranstalter insoweit eine Reisepreisminderung von 10 %.

Das Amtsgericht Hannover wies die weitergehende Klage auf Erstattung des gesamten Reisepreises ab. Dabei ging das Gericht davon aus, dass die Geräuschemissionen von Kindern als sozialadäquates Verhalten grundsätzlich hinzunehmen seien, so dass die gewährte Minderung in Höhe von 10 % durch den Reiseveranstalter ausreichend wäre.

AG Hannover, Urteil vom 11.07.2014 - Az.: 558 C 2900/14

  16.06.2014 - Airline muss bei Stornierung des Fluges den Flugpreis erstatten

Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass eine Fluggesellschaft im Falle einer Stornierung des Fluges durch den Flugpassagier auch verpflichtet sein kann, den gesamten Flugpreis zu erstatten. Im vorliegenden Fall stornierte der Fluggast einen zuvor gebuchten Flug bei der Airline und verlangte die Erstattung des gezahlten Flugpreises.

Das Landgericht wies darauf hin, dass im Falle des Nichtantritts des Fluges einerseits die im Flugpreis enthaltenen Steuern, wie Mehrwertsteuer, Gebühren und Entgelte einschließlich etwaiger Zuschläge, zu erstatten sind, da diese Kosten nur anfallen, wenn das Flugticket tatsächlich in Anspruch genommen wird.

Darüber hinaus vertrat das Landgericht die Auffassung, dass dem Reisenden im vorliegenden Fall auch ein Anspruch auf den restlichen Ticketpreis zustehe. Sofern die Fluggesellschaft das freie Kontingent nicht an andere Fluggäste vergeben kann, ist sie zwar berechtigt, das Beförderungsentgelt zu behalten. Die Airline hat jedoch im Wege der sekundären Beweislast einen Erlös durch eine weitergehende Buchung sowie ersparte Aufwendungen zu beziffern, was die Fluggesellschaft trotz Aufforderung des Gerichts in diesem Fall nicht getan hat.

Hieraus folgt, dass neben den Steuern und Gebühren durchaus auch die Erstattung des tatsächlichen Flugpreises im Falle einer Stornierung vom Fluggast verlangt werden kann. Da die Revision durch das Landgericht nicht zugelassen wurde, ist das Urteil rechtskräftig.

LG Frankfurt, Urteil vom 06.06.2014 - Az.: 2-24 S 152/13

  11.04.2014 - Muezzinrufe stellen bei einer Türkeireise keinen Reisemangel dar

Befindet sich neben dem gebuchten Hotel eine Moschee, aus der ein Muezzin täglich mehrmals zum Gebet ruft, stellt dies bei einer Türkeireise keinen Reisemangel dar. Dies hat das Amtsgericht Hannover in einem aktuellen Urteil entschieden und die Ansprüche eines Reisenden auf Minderung des Reisepreises abgewiesen.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass Muezzinrufe sich als landestypisches Aufkommen darstellen und daher mit dem Glockengeläut einer Kirche in christlichen Ländern vergleichbar seien.

AG Hannover, Urteil vom 11.04.2014 - Az.: 559 C 44/14

  12.02.2014 - Airline muss bei einer Flugverspätung von 2:57 Stunden keine Ausgleichszahlung leisten

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat den Anspruch eines Fluggastes auf Ausgleichszahlung aus der Fluggastrechteverordnung abgelehnt, weil die Flugverspätung lediglich 2:57 Stunden betragen hat.

Nach der Rechtsprechung sind Fluggesellschaft erst ab einer Ankunftsverspätung von drei Stunden oder mehr zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Nach Auffassung des Amtsgerichts ist als Ankunftszeit das Erreichen der Parkposition massgeblich, da sich nur dieser Zeitpunkt aus technischer Sicht wegen des vollständigen Stillstands der Maschine als Ankunft ergibt. Da die Verspätung bei Erreichen der Parkposition unter drei Stunden lag, wurde die Klage abgewiesen.

AG Berlin Charlottenburg, Urteil vom 12.02.2014 - Az.: 234 C 260/13

  10.12.2013 - Reiseveranstalter dürfen die Flugzeiten nicht beliebig ändern

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der in zahlreichen Allgemeinen Reisebedingungen enthaltene Vorbehalt des Reiseveranstalters, die mit der Buchung mitgeteilten Flugzeiten zu ändern, unwirksam ist.

Im vorliegenden Rechtsstreit stand folgende AGB-Klausel zur Überprüfung:
"Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen. Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich."
Der Bundesgerichtshof hat diese Klausel für unwirksam erachtet. Zwar müssten insbesondere "voraussichtliche Flugzeiten" nicht unter allen Umständen exakt eingehalten werden. Der Reisende dürfe jedoch berechtigterweise davon ausgehen, dass mitgeteilte Flugzeiten nicht ohne sachlichen Grund geändert werden. Derartige Klauseln berechtigen den Reiseveranstalter jedoch, die Flugzeiten beliebig und ohne sachliche Gründe zu ändern, was eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden darstelle.

Die weitere Klausel, Informationen der Reisebüros seien unverbindlich, könne einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht standhalten, zumal sie dem Reiseveranstalter ermögliche, sich seiner vertraglichen Bindung zu entziehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2013 - Az.: X ZR 24/13

  04.11.2013 - Schadensersatz wegen mangelhafter Hilfestellung beim Besteigen eines Kamels

Das OLG Koblenz hat einem Reisenden Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen erlittener Verletzungen im Rahmen eines Kamelritts zugesprochen. Dabei vertritt das OLG die Auffassung, dass ein Reiseveranstalter - welcher als Teil einer Pauschalreise auch den Besuch eines Beduinendorfes mit dazugehörigem Kamelritt anbietet - verpflichtet sei, dem Reisenden ein gefahrloses und sicheres Aufsitzen auf dem Kamel zu gewährleisten.

Vorliegend hatte der Kameltreiber nur eine ungenügende Hilfestellung beim Besteigen des Kamels geleistet, so dass es zu Verletzungen des Urlaubers kam. Aufgrund der Tatsache, dass der Reiseveranstalter für seine Erfüllungsgehilfen hafte, sei vorliegend von einem Reisemangel auszugehen, der den Reisenden zum Schadensersatz berechtige.

Neben einem Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen sprach das OLG Koblenz dem Kläger weiteren Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit für den Zeitraum nach dem Unfall zu.

OLG Koblenz, Urteil vom 04.11.2013 - Az.: 12 U 1296/12


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